Montag, 30. Juli 2012

ZEITREISE

Es ist ja schon fast eine Zeitreise, was wir hier machen. Seit drei Tagen segeln wir nun durch die Schärenwelt. Abseits der Zivilisation. Der grasse Gegensatz zu Berlin und Stockholm. Von Vorteil ist auch, dass es keine Möglichkeit gibt Geld auszugeben. Wir liegen an einem Felsen fest oder, wie jetzt, ganz alleine in einem alten Lotsenhafen. Wir können schwimmen gehen, über Felsen klettern, lesen, die Seele baumeln lassen, eben Müssiggang üben.
Jetzt hat sich der Wind überlegt ständig aus Süd zu blasen, obwohl das doch unsere Hauptrichtung ist. So werden wir es wohl langsam angehen lassen, Stück für Stück nach Süden kreuzen, die Ruhe und die Natur genießen. W-Lan gibt's natürlich auch nicht und somit auch keine Bilder. Die folgen dann später.

STOCKHOLM

Abenteuer 1- Die Hinreise
Onlineticket - Man ist ja schon sein eigener Angestellter, wenn man dieses Internet nutzt. Also alles muss man selber machen. Flug raussuchen und kaufen geht ja noch, dann kommt das online Einchecken ab 24 Std. vor Flugbeginn. Dumm, wenn man da grad in Berlin ist und somit gerade nicht online. Also das nächste Internetcafé gesucht. Der Besitzer, ein türkischer Mitmensch, ist grad nicht da und seine beiden Söhne vergnügen sich im Internet. Aber irgendwie schaffen wir es den 6seitigen Papierwust an Bordingkarten auszudrucken, den Drucker dazu mussten wir selbst aktivieren. Um 1200 Uhr haben wir es geschafft. Um 1400 Uhr in den Bus zum Flughafen Tegel, anschließend etwas durch den selbigen irren. Letztendlich meistern wie alle Hürden, finden die richtige S-Bahn in Stockholm und ... steigen eine Station zu früh aus. Ups, die schwedischen Stationsnamen haben sich wohl noch nicht richtig eingeprägt. Das war der Zug zum Bus zur letzten Fähre. Ein orts- und fremdsprachenunkundiger Taxifahrer bringt uns leider nur zum richtigen ZOB, an dem der Bus schon abgefahren ist. Die Zeit läuft, wir sollten eiligst dem Bus folgen. Der Fahrer versteht nicht, diskutiert ewig mit einem Kollegen. Genervt steigen wir aus und stellen fest, dass der Kollege sehr genau weiß wo wir hin müssen. Also schnell umsteigen. Los gehts durch die dunkle einsam werdende Landschaft. 7 Minuten vor Abfahrt erreichen wir die Fähre, unser verpasster Bus kommt uns entgegen. 2330 Uhr sinken wir in die Kojen der LYAN.
Abenteuer 2
SvD, ein vom Svenska Dagbladet gesponsertes City Bike System. Wir haben uns für drei Tage in das System eingemietet und erkunden Stockholm mit dem Fahrrad. Alles klingt einfach, spätestens nach 3 Std. müssen die Räder ausgetauscht werden. Jetzt heißt es Stationen suchen wo man a) Fahrräder mieten kann und b) wieder abgeben kann.
Meist haben alle Touristen ähnliche Ziele und die Chance eine Fahrrad zu ergattern stehen 50:50. Einige Stationen haben gar keine Räder, andere dafür keinen Platz damit wir unsere zurückgeben können. Andere haben beides u doch geht nichts, Serverprobleme, wie uns der freundliche junge Mann mitteilt, den wir nach 3 solcher Pleiten hilflos anriefen. Tja, das System Ist wohl noch ausbaufähig.
Abenteuer 3
Vorsicht vor Reiseführerinformationen!!!
"Muss man gesehen haben", heißt natürlich lange Warteschlange. Manche hochgelobten Attraktionen stellen sich als Banal raus. Doch wir finden "unsere Highlights" wie das Stadthuset, in dem u.a. die Feierlichkeiten im Anschluss an die Nobelpreisverleihung stattfinden, das historische Stadtviertel aus dem 18Jh. bei der Katarina Kyrka
und das Museum für Moderne Kunst. Doch auch einfach so drauf los mit den Rädern, finden wir immer wieder nette Ecken, historische Straßenzüge und architektonisch interessante Wohnbauversuche.
Drei Tage Stockholm sind uns dann genug. Nun wollen wir doch lieber segeln.

Freitag, 27. Juli 2012

KLAR ZUM AUSLAUFEN

Jo, es geht weiter. Heute, Freitag den 27. Juli, ist das Schiff wieder klar zum Auslaufen. Ich habe mir Verstärkung mitgebracht. Kristjane, meine Liebste, ist an Bord. Zusammen haben wir schon einige Abenteuer in Stockholm erlebt. Aber davon später, denn:
ENDLICH GEHT'S WEITER

Montag, 9. Juli 2012

Pause

Hier, in Scansholmen bleibt das Boot nun für 18 Tage liegen. Ich mache mich auf, die Lage in Stockholm zu erkunden und dann geht es nach Nordfriesland auf die schöne Insel Amrum zur Musikfreizeit. Also etwas Geduld, es geht weiter.

Sonntag, 8. Juli 2012

NORDWÄRTS

ging es die letzten Tage. So ist das, wenn man ein Ziel hat. Diesmal nicht " Der Nase nach" sondern Kurs Stockholm, am Samstag zu erreichen. Das liegt bekannterweise im Norden,  ca 80 NM bis dorthin und der Wind kommt aus nördlichen Richtungen. So ging's mit Wind von vorne gen Norden, mit kurzen Stopps:
Erstens Harstena. Das wollte ich mir anschauen, weil mir das ein schwedischer Segler empfohlen hatte. Ich habe ihm im letzten Hafen meine Backbordseite zum Festmachen angeboten und er hat mir sein Bootshaus als möglichen Liegeplatz empfohlen. Wasser gibts diesmal aus einem Brunnen mit Handpumpe. War dringend nötig, denn mein 60 l fassender Tank war leer. Per Kanister durfte ich das Wasser an Bord schleppen. Wieder unterwegs trage ich mögliche Ankerplätze in die Seekarte ein, überall wo die Schweden ankern. Denn es ist nicht so leicht geeignete Plätze zu finden. Viele Kriterien gibt es: Das Wasser muss tief genug sein, aber nicht zu tief, sonst muss die Ankerkette zu lang sein. Der Felsen muss steil sein, aber nicht zu steil, ich muss ja noch rauf können. Ist es direkt vor dem Felsen tief genug? Gibt es Spalten; in die ich den Schärenhaken einschlagen kann oder einen Baum; um das Boot festzubinden? Und liegt er vor den zu erwartenden Winden günstig? Von woher kommt die Sonne?

Dann zweitens, noch mal ein wunderschöner Segeltag. Der Wind blässt von vorne und ich kreuze durchs Schärenfahrwasser. Ich scheine der Einzige zu sein, der Richtung Norden segelt. Das Fahrwasser ist breit genug und 2-3 Bootslängen vor dem Ufer habe ich noch immer 20 Meter Wassertiefe auf dem Echolot. Fühle mich fast schon wie ein Schärenprofi, nur fehlt mir noch ein Klebeetikett, mit dem ich ein Positionspfeil immer auf die Seekarte kleben kann. Dann wäre die Orientierung zwischen diesen vielen Inseln und Inselchen leichter. Das letzte Stück geht aussenrum, ich will einfach die offene See fühlen und genieße den Seegang. Abends mache ich müde in Öxlesund fest, brauche Wasser und schwedische Kronen, denn Bankautomaten sind genauso selten.

Drittens, Fahrwasser zu eng, Wind von vorne, es hilft nix. Zum ersten Mal bleiben die Segel unten und ich motore 10 NM bis ich einen guten Ankerplatz finde, haue mir doch aber eine dicke Schramme am harten Stein in den Bug. Mit der Einsamkeit ist es zu Ende, hier ist Touristengebiet. Einzelne Schären sind mit Brücken auch für Nichtbootbesitzer erschlossen. Die schönen Feuerstellen am Ufer sind abends alle besetzt. Am nächsten Morgen starte ich meine Weiterreise schon um 05.30 Uhr. Der Wind ist günstig und soll mittags einschlafen. Nur ein zweiter Segler macht sich mit mir auf den Weg. Der Wind ist gut, ich kann die grosse Genua setzen. Für eine halbe Stunde entsteht Nebel, aber die Sonne frisst ihn schnell auf. Nur unter Segel schaffe ich die letzten 28 Seemeilen, mache um 12.30 Uhr in Skansholmen, kurz vor Stockholm fest. Jetzt heißt es Boot aufräumen, putzen, Schramme spachteln, Vorräte sichten, Einkaufsliste erstellen.



Mittwoch, 4. Juli 2012

NOCH NE INSEL

Dienstag:
Aber ganz anders. Häradskär, die Einsame. Hier liege ich in einem alten Fischer- und Lotsenhafen, relativ kostengünstig. Ziemlich eng der Hafen. Und vor allem wenige Stellen mit genug Tiefgang für Segelboote. Eigentlich ist nur der alte Wellenbrecher mit Holz verkleidet und so für Gäste geeignet. Ich finde noch eine Lücke, die sich erst am nächsten Morgen als zu Flach herausstellt. Der Wind hat von West auf Ost gedreht und drückt mich sanft an die hölzerne Spundwand. Wenn LYAN sich in den Wellen wiegt, staubst sie auf dem Grund an. Ein Besenstiel zwischen Bordwand und Kai stellt den alten Abstand wieder her. Aber das nützt ja nur bei sanfter Briese. Sobald die anderen weg sind, verhole ich mich an einen besseren Platz.
Eine andere Albin Vega liegt auch hier. Zwei Letten haben sie gerade gekauft und segeln sie nach Riga. Natürlich werden Tipps ausgetauscht.
Häradskär ist eine Insel im äußeren Scårgåden. Viel wilder und windzerzauster als die vorherigen, mit dicken Granitblöcken, Kletterfelsen und steilen Klippen. Ohne Wanderwege, nur mit einigen Trampelpfaden, finde ich über die Insel. Ein eiserner Leuchtturm von .... ist zu besichtigen. Ich genieße die Sonne, die Stille, die Weite und die Abgeschiedenheit der Insel, tanke Natur. Ja es ist endlich wärmer geworden!
Das Wasser lockt zum Bade. Endlich ist es klar und ich kann bis auf den Grund des Hafenbeckens schauen. Ich packe meine Schnorchelausrüstung aus und stürze mich ins Nass. Das Wasser ist hier noch kälter. Brrr, Neoprenhandschuhe wären hilfreich. Immerhin 30 min halte ich es aus, kleine Fische schwimmen durch meine Hände und sind weg bevor ich sie greifen kann. Ein kurzer und sehr schöner Einblick in die Unterwasserwelt.
Für Walter: Die App die mich zu all den schönen Plätzen leitet heißt Havneguiden. Für 10€ kannst du dir dann eine Region runterladen.

SCÄRGÅRDSIDYLLEN

Ich habe sie gefunden, nach dreimaligem Anlauf. Sie heißt Rågö. Der Naturhafen steht in keinem Handbuch oder Seekarte drin, wird nur hie und da beiläufig erwähnt. Seit Freitag bin ich OFFLINE. Abgetaucht in die Naturidylle. Zuerst auf Haslön, dann noch eine Steigerung, eben Ragön. Mein Schiff liegt hier kostenlos an einer Gästbrygga. Ich tauche ab in die Wildnis, spaziere über die Inseln, durchs Naturreservat. Ein Paradies, auch für Paddler und Rucksackreisende. Nur gut 2km lang ist Rågö. Aber enorm abwechslungsreich, Eichen und Buchenwälder, Sumpf, saftige Wildwiesen, Mose in allen Farben, knorrigen Kiefern, wildromantische Felsformationen, auch zum Klettern, Badeklippen, ein alter Fischerhafen mit dazugehörigem Dorf und Museum, eine Werft für historische "Tjustalmogebåta", Fanclub für Glühkopfmotoren, einem feinem Restaurant und glücklichen Kühen. Die laufen hier frei über die Insel, durch Wald und Wiese und liegen gemütlich am Badestrand. Das sind ja indische Zustände.
Der Weg dorthin war spannend. Das Schärengewirr ist ja navigatorisches Neuland für mich. Ich Gewinne an Vertrauen. Manchmal geht es nur 20 Meter weit an einem "Inselchen" vorbei und das Echolot zeigt 20 Meter Tiefe an. Die Schweden sind da unerschrockener, sie kreuzen teilweise durchs Getümmel. Der Wind ist tückisch, mal lau, weil ich gerade im Windschutz einer Insel bin, mal heftig, weil die Lücke wie eine Düse wirkt.

Am Sonntag packt mich meine Unruhe, alle Wege sind abgelaufen und ich segle aussenrum 26 Seemeilen nach Norden zu einer kleinen Lotseninsel. Es ist schön, wieder den Wind in den Segeln zu spüren, das Rauschen des Wassers wenn LYAN durch die Wellen pflügt. Ich kriege Lust noch einen Abstecher nach Gotland zu machen, bevor es nach Stockholm geht. Aber der Wind macht nicht mit, er ist mir zu wenig. Für 50 NM nach Osten wäre schon ein mittlerer Wind nötig. Ich lande stattdessen in Häradskär.